Hochzeitsrituale bei den ostsyrischen Christen
Nach Pfr. Emanuel Youkhana, Wiesbaden
Von: Ursula von Schlieffen

... Es gibt ein kirchliches Verlöbnis, das nicht länger als 6 Monate dauern darf. Dabei werden zunächst Braut und Bräutigam nach ihrem Alter gefragt. Sind sie unter achtzehn, brauchen sie das Einverständnis ihrer Eltern - über achtzehn können sie frei entscheiden. Es werden die 64 Ehehindernisse aufgezählt, alle nur denkbarenVerwandtschaftskombinationen, darunter auch die "geistige Verwandtschaft" (durch die Patenschaft bei der Taufe). Die Eltern werden gefragt, ob ihnen eine Krankheit der Braut oder des Bräutigams bekannt ist. Es werden zwei Verlobungszeugen, zwei ältere Frauen gefunden, welche die Namensnennung der beiden und die Ringübergabe an die Braut übernehmen. Der Bräutigam wird gefragt, ob er den Brautpreis entrichtet hat, und seine Schwiegereltern werden um Bestätigung gebeten. Dann wird der Ring durch die beiden Zeuginnen an die Braut überreicht. Steckt sie ihn an, ist sie einverstanden. (Andernfalls wirft sie ihn von sich.) Sie werden beide vom Priester gefragt, ob sie in guten und bösen Tagen beieinander bleiben wollen und ihre Ringe werden gesegnet.
In früheren Zeiten wurden alle Fragen den beiderseitigen Eltern gestellt und von ihnen beantwortet! Die Jungfräulichkeit der Braut aber ist auch heute noch eine Selbstverständlichkeit!
Innerhalb der Sechsmonatsfrist ist die Hochzeit, die sich früher über eine Woche hinzog. Vor der eigentlichen Zeremonie werden erneut beide vom Priester gefragt, ob sie einander heiraten wollen. Danach bringt der Priester einen Kelch, der mit zwei Dritteln Wein und einem Drittel Wasser gefüllt ist. Er wird gesegnet, und die Brautleute versenken ihre beiden Ringe und ein Kreuz in diesem Kelch, der abermals gesegnet wird. Dann wird ein Stückchen Ton, möglichst aus einem Ziegelstein der Kirche, in
den Kelch geworfen mit den Worten:
"Wie Adam aus Lehm gemacht ist und Eva von Adams Seite ... so bitten wir dich, dieses Paar zu segnen, wie du Adam und Eva gesegnet hast, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes." Und damit trinken die Brautleute den Kelch aus. Auch die Zeugen werden gesegnet. Dem Brautpaar werden Hochzeits-kronen aufgesetzt (nicht immer), mit je zwei Bändern, einem roten und einem weißen werden die Häupter be-rührt und die Bänder dann über den linken Arm gelegt. Heiratet ein Diakon, bekommt er die Bänder auf die rechte Schulter. Heiratet aber ein Priester, berührt niemand mit den Bändern seinen Kopf, weil seine Prie-sterschaft einen höheren Rang hat, als jede auch symbolische Krone. Diese Bänder bleiben das Eigentum der Brautleute und sind wiederum für die Taufzeremonie ihres ersten Kindes bestimmt.
Wenn all dies getan ist, gibt es einen letzten Segen für die Brautleute, die Zeugen und die Gemeinde.
In früheren Zeiten war es üblich, mit Scheren zu klappern, um die bösen Geister zu vertreiben, oder die Braut mit einem langen Nagel ins Hinterteil zu piken, was die Potenz des Bräutigams beschwören sollte, oder aber den Fuß des Bräutigams auf den der Braut zu setzen, wozu es keines Kommentars bedarf. Dies alles aber fand auch Pfr. Emanuel ziemlich heidnisch und hat es auch nur nach längerem Zögern erzählt.

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