Mar Gabriel Verein - Mitteilungsblatt 1998


Mitteilungsblatt Mai 1998
Herausgeber: Mar Gabriel-Verein, Wischhofsweg 31d, 22523 Hamburg
Redaktion: Dr. Klaus-J. Landeck

Die Situation im Tur Abdin

Im September 1997 besuchte eine Gruppe von 17 Personen mit Dr. Hollerweger und Pfarrer Oberkampf verschiedene Klöster und Dörfer im Tur Abdin sowie auch Christen jenseits der Grenze im Nordirak. Auf der Jahrestagung der Solidaritätsgruppe in Würzburg (27./28.2.98) berichteten einzelne Teilnehmer Unterschiedliches über ihre Eindrücke.
Nach wie vor ist die Lage zwar angespannt, äußerlich aber ruhig. Die christliche Minderheit steht unter dem Druck der mit der türkischen Armee zusammenarbeitenden "Dorfwächter" und der Kurden. Das im Herbst letzten Jahres durch den Gouverneur von Mardin ausgesprochene Verbot des aramäischen Sprachunterrichts in den Klöstern sowie der Beherbergung von Klosterschülern und Besuchern ist so bisher nicht umgesetzt worden (vgl. dazu auch den ausführlichen Bericht von KOLO SURYOYO).


Hochzeitsgesellschaft in Midyat. - Die Christen kleiden sich genauso " modern " wie die türkische und kurdische Mittelschicht in den Städten.

Ein Teilnehmer der oben erwähnten Delegation brachte seine Eindrücke auf den Punkt, indem er das Verhältnis Christen - Kurden im Tur Abdin zu der Situation der Christen im Nordirak abwog: Materiell seien die Christen im Tur Abdin besser gestellt als die Kurden (ein Eindruck, der auch von anderen Reisenden bestätigt wird, die christliche und kurdische Dörfer besucht haben). Im Verhältnis zu den Kurden im Tur Abdin seien aber die Christen im Nordirak sehr viel ärmer.

Jenseits der irakisch-türkischen Grenze leben ca. 100.000 Christen. Sie haben keine Lobby, brauchen aber dringend unsere Hilfe. Ein weiterer Teilnehmer berichtete, welche Konsequenzen die Auswanderung der Christen auch für die Kurden hat: In einem Dorf haben die kurdischen Kinder keinen Unterricht mehr. Weil dort keine Christen mehr wohnen, ist auch der christliche Lehrer fortgezogen. Für einen türkischen Lehrer wäre es aber lebensgefährlich, dort zu leben und zu unterrichten.

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