Mar Gabriel Verein - Mitteilungsblatt 2002


Mitteilungsblatt 2002 ,
Herausgabe und Redaktion, im Auftrag des Mar Gabriel-Vereins:
Dr. Shabo Talay
Universität Erlangen-Nürnberg
e-mail: sotalay@phil.uni-erlangen.de
Kontakt: Mar Gabriel-Verein; Wischhofsweg 31 d; 22523 Hamburg

Vorwort

Verehrte Freunde und Mitglieder des Mar Gabriel-Vereins,
Auch das diesjährige Mitteilungsblatt enthält Informationen zu den syrischen Christen in den Heimatländern und in der Diaspora.
Der Tur Abdin erlebt wieder eine ruhige Zeit und es besteht sogar die Hoffnung, dass sich der Wunsch einiger Rückkehrwilliger allmählich verwirklichen wird. Mehrere Familien aus den Dörfern der sogenannten "Raite" sind zur Rückkehr und zum Wiederaufbau ihrer Dörfer entschlossen. Dies gibt auch anderen Mut, die von Anfang an mit Rückkehrgedanken spielten. Der Tur Abdin blüht wieder auf und wieder besuchten hunderte europäische Turabdiner in den Sommermonaten ihre alte Heimat.
Erinnern wollen wir in diesem Heft auch an die Situation der syrischen Christen in den einzelnen Ländern des Nahen Ostens, wo sie seit den schrecklichen Anschlägen des 11. September und des kurz darauf beginnenden Kampfes gegen den Terror zwischen die Mahlsteine der Kontrahenten geraten sind. Auch wenn ihre Führer öffentlich heftig die US-Politik kritsieren, werden sie nicht selten als Kollaborateure des Westens angesehen und zum Teil stark benachteiligt. Deshalb verlassen überall im Orient die Christen ihre Heimatländer und suchen im Westen Zuflucht. Im Heiligen Land zwingt sie der anhaltende Palästina-Konflikt und der aufkommende fundamentalistische Islam in den Palästinensergebieten verstärkt zur Auswanderung. Viele können sich mit der neueren Intifada nicht identifizieren, da sie nicht mehr die allgemein arabische, sondern speziell islamische Interessen verfolge.
Der Libanon ist weiterhin in einer schweren politischen und ökonomischen Krise, unter der insbesondere die Christen leiden, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung immer mehr abnimmt und damit ihr politisches Gewicht. Vor allem Intellektuelle fühlen sich dort nicht mehr wohl und verlassen massenweise ihre Heimat.
Hoffnungslos scheint auch die Lage der syrischen Christen im Irak zu sein. Am schlimmsten ergeht es ihnen allerdings im Zentralirak, wo sie sowohl unter den allgemein miserablen Umständen, als auch unter indirekter religöser Verfolgung leiden. Die Machthaber der Baathpartei haben ihre alte Maxime der Religionsfreiheit aufgegeben und betreiben immer mehr eine religiös-islamistische Politik, um die einfachen Massen hinter sich zu ziehen. Auch im Nordirak, der von der UNO eingerichteten Schutzzone, herrschen keine annährend gesunden Verhältnisse, in denen sich die verbliebenen Christen frei entfalten könnten.
Erfreuliches kann dagegen von den syrischen Christen in der Diaspora berichtet werden. In Schweden wurde schon zum zweiten Mal der aus Midyat im Tur Abdin stammende Abgeordnete der Sozialdemokraten Yilmaz Kerimo in den Reichstag gewählt.
Vom 3. bis 5. Oktober 02 fand das erste von den syrischen Christen veranstaltete und durchgeführte wissenschaftliche Symposium mit dem Titel "Suryoye l-Suryoye" in Heidelberg statt. Der vom Kreis Aramäischer Studierender e.V. in Zusammenarbeit mit mir organisierte Kongress, wurde auch von unserem Verein finanziell unterstützt. Insgesamt wurden 19 Referate über die Geschichte, Religion, Sprache und Gegenwartslage gehalten. Am Symposium nahmen mehr als 110 Personen, meistens Akademiker und Studenten, teil. Die Veranstalter beabsichtigen, die Vorträge in einem Sammelband zu veröffentlichen.

In diesem Heft sind einige Bilder des weltweit berühmten libanesischen Künstlers und Theologen Abdu Badwi eingefügt, der insbesondere religiöse Kunst und Kirchenfenstermalereien betreibt. Dafür verwendet er häufig alte syrisch-christliche Motive wie die syrische Schrift, die er in seine Werke einbaut.

Unsere Unterstützung an die syrischen Christen ging weiter, auch wenn unsere finanziellen Möglichkeiten ziemlich knapp bemessen sind und unsere Hilfen nicht mehr als nur einen Tropfen auf den heißen Stein sein können.

Die Vorsitzende des Vereins, Frau Dr. Anschütz, leidet seit ihrem Unfall im Frühjahr 2001 immer noch an dessen Folgen, obwohl sich ihr Zustand gebessert hat und sie schon ohne Hilfe gehen kann. Sie mußte insgesamt ein Jahr lang stationär behandelt werden. Aus diesem Grund waren Aktivitäten von ihr für den Verein nur beschränkt möglich. (Während des Krankenhausaufenthalts berief sie aber eine Vorstandssitzung im Krankenzimmer ein!) Deshalb fehlt in diesem Heft auch der übliche Bericht über die Aktivitäten des Vereins. Wir wünschen ihr eine vollkommene Genesung!

Danken möchte ich schließlich auch diesmal im Namen des Mar Gabriel-Vereins und der syrischen Christen allen, die unsere Arbeit finanziell und ideell unterstützen und verbinde dies mit der Hoffnung, auch in der Zukunft mit Ihrer Hilfe rechnen zu dürfen.

Erlangen, Oktober 2002
Dr. Shabo Talay

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