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Tur Abdin - Deiro ez-Za'faran
Deir
ez-Za'faran - Dirisafran
Dieses zeitweise größte Kloster der
westsyrisch-monophysitischen Kirche liegt 8 km östlich
von Mardin an einer Piste unterhalb des südlichen
Gebirgsrandes. Terrassenkulturen mit Wein, Obst-
und Mandelbäumen und Oliven umgeben das
festungsartige Bauwerk aus den gelben
Kalksandsteinblöcken, die ihm seinen Namen
("Gelbes Kloster") gaben. In der Nähe
entspringt eine Karstquelle; sie bewässert einen
Garten mit hohen, schattigen Bäumen über Gemüsebeeten
und Rasen.
Oberhalb des Klosters ragt eine steile Felswand
mit Höhlenkirchen und Klosterruinen in den
Himmel. Nach unten fällt das Gebirge stufenförmig
zur syrischen Ebene hin ab, wo sich
Streifenfluren bis zum Horizont hin ausdehnen.
Der einzige Eingang des Klosters wird durch ein
eisenbeschlagenes Tor geschützt, zu dem eine
breite Treppe hinaufführt. Dahinter erstreckt
sich ein weiter Hof. Das Vieh wird abends
hineingetrieben und verbringt die Nacht in
verschiedenen offenen Räumen. Vom Hof aus
gelangt man auf einer anderen Treppe durch ein
weiteres, kunstvoll mit Metallbeschlägen geschmücktes
Tor in den Innenhof des Klosters mit dem
Kreuzgang. An der Nordseite des Hofes spendet
eine Quelle das für die Versorgung des Klosters
in Notzeiten so wichtige Wasser. Außerdem steht
hier noch eine Handpumpe.
Vom Kreuzgang aus führen mehrere Türen in einen
großen Empfangsraum, in die Bibliothek, in zwei
Arbeitsräume für die Mönche, den Speisesaal,
die Küchen- und Wirtschaftsräume und in den
Wasch- und Toilettenraum. Im Osten grenzt die
Kirche mit ihren Nebenräumen an den Innenhof.
Treppen führen in ein Grabgewölbe mit den
sterblichen Überresten mehrerer Patriarchen,
Metropoliten, Bischöfe und Mönche. Darunter
liegt ein großer Raum mit einer niedrigen Decke
aus langen Steinplatten, Überreste eines
griechischen und auch persischen Tempels mit
griechischen Kapitellen und persischen
Sonnensymbolen an den Wänden.
Die Klosterkirche mit ihrer außen gerippten
Kuppel wurde häufig zerstört und wieder
aufgebaut. Hier treffen Baustile und Ornamentik
aus dem byzantinischen, syrischen und
mesopotamischen Kulturbereich aufeinander. Der
Altarbogen ist besonders reich mit Weinranken-
und Blumenornamentik versehen, die Kapitelle der
Halbsäulen mit Wulst- und Muschelmotiven. An der
Außenfront der Kirche verläuft ein Fries mit
Tierfiguren; Weinranken verzieren auch den
Glockenturm.
Das erste Stockwerk des ausgedehnten Klosters ist
auf mehreren Treppen erreichbar. Hier liegen die
ehemaligen Zellen der Mönche; heute sind es
zumeist Gästezimmer. Im Sommer entfliehen manche
Leute aus der heißen Ebene und den Städten der
weiteren Umgebung in die kühle Luft des
Klosters, das seine durch die Abwanderung der
Christen geschrumpften Einnahmen mittels eines
einheimischen Tourismus aufzubessern versucht.Im
Nordflügel hat sich eine Nonne vom Kloster Mar
Gabriel eingerichtet.
Über den Gästezimmern sind einige würfelförmige
Klassenzimmer und Schlafräume für die 10 bis 15
Schüler aufgebaut, die hier noch zeitweise
unterrichtet wurden. Allerdings hat der neue
Provinzgouverneur diese traditionsreiche Schule
1978 vorübergehend schließen lassen (den Syrern
stehen nach dem Staatsvertrag keine eigenen
Schulen zu). 1979 war sie jedoch wieder geöffnet,
1981 erneut geschlossen.
Im Kloster verbrachte der Metropolit Philoxenos
Hanna Dolapönü seine letzten Lebensjahre bis zu
seinem Tod 1969. Danach verkümmerte das
Klosterleben. Prior Gebrail Allaf ging nach
Mardin, sein Nachfolger Ibrahim unternimmt häufig
Reisen. 1975 zog der Mönch Ilyas Cankaya von
Hapisnas nach "Deir ez-Za'faran" und
blieb bis zu seiner Bischofsweihe 1982. Um diese
Zeit lebten hier fünf Mönche.
Die aus der Geschichte bekannte Klosterbibliothek
besteht heute hauptsächlich aus neueren Büchern,
nachdem die wertvollen Manuskripte bereits im 1.
Weltkrieg ins sicherere Mardin transportiert
worden waren.
Als Wallfahrtsort und Baudenkmal bildet das
Kloster noch einen Anziehungspunkt für Christen,
Muslime und Touristen, obwohl die türkischen Behörden
wegen der nahen Radaranlagen fremde Besucher
nicht gern sehen; 1974/75 konnte es mit Spenden
von ausgewanderten Kirchenmitgliedern restauriert
werden. Familienfeiern - Taufe, Hochzeit und
Totengedenken - finden hier noch häufig statt.
Einige deutsche Touristik-Unternehmen haben die
Besichtigung von "Deir ez-Za'faran" auf
ihr Osttürkei-Reiseprogramm gesetzt. - Syrisch-orthodoxe
Familien aus der Umgebung halten Gebäude und
Landwirtschaft in Ordnung.
Aus der großen Vergangenheit ist jedoch nur ein
geringer Abglanz erhalten geblieben. Die Gründung
geht einheimischer Tradition zufolge auf den
heiligen Eugen zurück, dessen Grab im Klostergewölbe
verehrt wird. Das Kloster wurde zwischen dem 4.
und 6. Jahrhundert auf den Grundmauern einer römischen
Burg und eines griechischen Tempels errichtet und
unter den Namen "Ananias-Kloster",
"Mar Hanania" und "Safran-Kloster"
bekannt. Bischof Johannes von Mardin ließ es 811
glanzvoll restaurieren. Es entwickelte sich zu
einem der bedeutendsten westsyrischen Klöster.
Zeitweise lebten hier 80 Mönche; die
Klosterbibliothek war bekannt. - Kunstvolle
Gartenanlagen, von denen heute nur noch kleine
Reste geblieben sind, umgaben das Gebäude. Zum
Klosterbesitz gehörten auch die drei Kirchen
"Mart Schimuni", "Mar Gewergis"
und "Mar Juhannan" bei Mardin.
Von 1166-1924 war Deir ez-Za'faran mit einigen
Unterbrechungen Patriarchatssitz der
westsyrischen Kirche. In dieser Zeit fanden hier
mehrere Synoden statt. Bischöfe und Mönche vom
Kloster verfaßten zahlreiche theologische und
historische Werke und kopierten alte Manuskripte;
sie konnten auf diese Weise, trotz mehrfacher Plünderungen
und Brandschatzungen, gerettet werden.
Verheerende Zerstörungen richteten die Kurden
1516 an.
Im 19. Jahrhundert bot das Kloster einen ziemlich
heruntergekommenen Eindruck. Die Klosterkirche
schien klein, schmutzig und ohne
kunsthistorischen Wert. Auch die Bibliothek
befand sich in einem desolaten Zustand. Teils
wurde den europäischen Besuchern gegenüber ihre
Existenz überhaupt geleugnet; oder sie durften
nur einen Blick in die "schmutzige
Klosterbibliothek" werfen, wo die
verstaubten Manuskripte unordentlich herumlagen.
Während Southgate 1838 die "größte
syrische Bibliothek mit Büchern in 12 Sprachen"
erblickte, fand Badger zwischen 1840 und 1848
hier mehr als 100 Manuskripte aus der Zeit um
1000, Sachau um 1880 dagegen nur noch 15 bis 20
auf Pergament geschriebene Bücher aus der Zeit
vor 900. Später wurden die Manuskripte nach
Diyarbakir transportiert.
Einige Reisende trafen den etwa 40 Jahre alten
Patriarchen Mar Ignatius Petrus IV. im Kloster
an; zeitweise weilte dieser aber auch in
Jerusalem. Außer dem Patriarchen lebten hier bis
zum 1. Weltkrieg drei Bischöfe und bis zu 10
"unwissende" Mönche.
Während sich die Wissenschaftler höchstens
einige Tage im Kloster aufhielten, gelang dem
englischen Missionar Parry während seines
sechsmonatigen Besuchs um 1890 ein tieferer
Einblick in das kirchliche Leben der
westsyrischen Kirche. Seinen Berichten zufolge
war sie noch recht lebendig, und ihre
Geistlichkeit hatte zwar keine europäische
Bildung, dafür aber gute Kenntnisse ihrer
eigenen Tradition. Überhaupt bemühten sich vor
allem anglikanische Missionare vor dem 1.
Weltkrieg um ein Verständnis der einheimischen
christlichen Kultur und förderten deshalb die
Ausbildung von Priestern und Laien.
Offenbar hatte man das Kloster gegen Ende des 19.
Jahrhunderts restauriert. G. Bell und C. Preusser
berichteten, die Ornamentik sei unter Putz
gelegt, die Kirche restauriert worden. Den Altar
und das Glockentürmchen hielten sie für modern.
Im 1. Weltkrieg wurde ein Teil des Klosters zerstört;
zeitweise war es von allen Mönchen verlassen.
Erst nach 1928 begann man mit dem Wiederaufbau.
Seit 1923 war es kein Patriarchatssitz mehr. Das
Kirchenoberhaupt wählte 1928 Homs zu seinem
neuen Sitz; ein großer Teil seines Kirchenvolks
war auch nach Syrien umgezogen.
Zwar blieb Deir ez-Za'faran allein schon wegen
seiner großen Tradition ein bedeutendes Zentrum
der "syrisch-orthodoxen Kirche", jedoch
wurden inzwischen mehr Priester im Seminar von
Mosul, dann in Zahle/Libanon und schließ, lieh
in Atschane/Libanon ausgebildet. Durch die
Auswanderung der Mardin-Christen und den Tod des
letzten Metropoliten 1969 hat sich das geistige
Zentrum zum Kloster "Mar Gabriel" hin
verlagert.
Quelle: Helga Anschütz, Die
syrischen Christen vom Tur Abdin, 1984
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